Wendeschuhe  
  Geschichtliches zu Wendeschuhen
 

Die Technik der Herstellung wendegenähter Schuhe ist spätestens seit der Spätantike in Nordeuropa durch Funde belegbar. Vom einteiligen Schuh, bei dem einfach eine Lederhaut um den Fuß geschnürt wurde, zum mehrteiligen Schuh ist es in unseren Breiten scheinbar in der römischen oder spätrömischen Zeit gekommen. Viele Funde und Fundfragmente von wendegenähten Schuhen sind ab dem 7. und 8. Jahrhundert für den mittel- und nordeuropäischen Raum bekannt. Ging es anfangs nur um geschützte und trockene Füße, kam in späteren Jahrhunderten ein immer größerer modischer Aspekt dazu. Funde aus Konstanz, London, York, Ribe, Schleswig/Haithabu, Lübeck und vielen anderen Orten zeigen eine große Auswahl an Halbschuhen, halbhohen und hohen Schuhen und haben eine Gemeinsamkeit: sie sind wendegenäht. Das heißt, dass der Schuh auf links zusammengenäht wird und anschließend auf rechts gewendet wird. Diese Art der Herstellung lässt die Näht in den Innenbereich des Schuhes wandern und schützt so die Näht gegen das „Durchlaufen“.

  Vermutlich entspringt aus diesem Hintergrund auch die Formulierung:
... und umgedreht wird ein Schuh daraus ...
   
   
 

Lederarten

 

Die gefundenen Leder kann man grob in zwei Gruppen unterteilen: Bovinaeleder (Rind und Kalb) und Caprinaeleder ( Ziege und Schaf). Die Bestimmung der Funde der Oberleder war anhand der typischen Narbenstrukturen relativ einfach, schwieriger war die Bestimmung der Sohlen, da hier durch Abnutzung die Narbe fast ganz abgeschliffen war. Durch die Dicke und die Eigenschaften des Leders kann man aber sagen, dass die Sohlen fast ausschließlich aus Rindsleder bestanden und im Oberlederbereich viel Ziegenleder, aber auch Rind- und Kalbsleder verwendet wurde. Geringer war der Anteil an Reh- oder Hirschleder und verschwindend gering war der Anteil an Schafsleder. Die Anteile am Leder hingen mit der Verfügbarkeit und der Strapazierbarkeit zusammen.

     
 

Naht- und Sticharten

 

Die Nahtart definiert den fertigungstechnischen Vorgang der Verbindung von Einzelteilen. Bei den sehr zahlreichen Funden in Schleswig/Haithabu sind sieben verschiedene Verbindungsnähte bekannt. Zwei davon sind sog. Applikationsnähte, die Verstärkungen oder Flicken mit einer Unterlage verbinden.

  Die Stichart definiert die Form der Nähfadenführung durch das Leder. Bei den Funden war aber das Nahtmaterial, der Faden, fast völlig vergangen, so das nur die Anordnung der Einstiche und die Fadeneindrücke Hinweise auf die verwendete Stichart geben. Dabei fällt auf, dass wir den Sattlerstich und doppelten Heftstich nicht unterscheiden können. Es ist aber anzunehmen, dass der Sattlerstich die häufigste Stichart war.
     
 

Wer mehr wissen möchte, sollte unbedingt die folgenden Quellen lesen:

 
  „Shoes & Pattens- Medieval Finds from Excavations in London“ Museum of London, Grew & de Neergaard, Boydell Press  
  “ Ausgrabungen in Schleswig - Die mittelalterlichen Schuhe aus Schleswig, Ausgrabung Schild 1971-75”, Christiane Schnack, Karl Wachholz Verlag  
  „ Die Lederfunde von Haithabu“ , Willy Groenman-van Waateringe, Karl Wachholz Verlag